Domain Wipoverfahren: Recht oder Fehlentscheidung ?

24. Juli 2017 | Von | Kategorie: Domain News, Domain Recht

Die Entscheider der  World Intellectual Property Organization (WIPO) sind erfahrene Juristen oder gehören Organisationen an, die sich mit Domains und dem Internet befassen. Sie sind sicher in der Lage, Entscheidungen im Sinne des aufgerufenen Beschwerdeverfahrens zu treffen. Doch manchmal haben Beobachter das Gefühl, dass die Verfahren zu schnell beendet werden, ohne in die Tiefe zu gehen. Das geschieht besonders oft , wenn sich der Beschwerdegegner nicht zu den Vorwürfen äußert – oder äußern kann. Deshalb sollten WIPO Panelisten besonders sensibel und mit einer Portion „gesundem Menschenverstand“ an die Verfahren herangehen.

 

Virgin Enterprises erstreitet Rohrmacher Domain

Beobachter der WIPO Verfahren kritisieren immer häufiger die schnelle Aburteilung von absolut unbekannten Domainbesitzern zugunsten großer und internationaler Unternehmen. Manchen Panelisten fehle „das Gespür“ für die Beschwerdegegner, heißt es.

 

Ein solcher Fall war die Beschwerde von Virgin Enterprises Limited gegen einen Rohrmacher aus Indien. Virgin Enterprises ist ein vielschichtiges Unternehmen, dass sich in Bereichen, wie Fluggesellschaften, Adventure und Unterhaltung bewegt und mehrere Marken registriert hat. PVC-Rohre gehören aber nicht dazu.

Besitzer und CEO des Unternehmens ist der US-Amerikaner Richard Branson. Virgin hatte sich an die WIPO gewandt und verlangt, die Domain  VirginPVCPipe.com vom Besitzer abschalten zu lassen. Diese Domain ist die Homepage des indischen Unternehmens  Umiya Poly Plast Industries, das PVC Rohre herstellt. Auf der Domain, an die eine passende E-Mail-Adresse für den Kundenverkehr gebunden ist, befindet sich neben dem Unternehmensportrait auch das Angebot des Unternehmens.

 

Weder im Design noch in irgendeiner anderen Form hat sich das indische Unternehmen dem amerikanischen Branchenführer genähert oder dessen Berühmtheit ausgenutzt, um im Ausland Geschäfte zu machen. Trotzdem klagte Virgin Enterprises gegen das Unternehmen und der zuständige Panelist forderte Umiya Poly Plast Industries zu einer Stellungnahme auf. In der WHOIS Datenbank ist für die Domain anscheinend der Name des Webdesigners, der die Domain für die Firma erstellt hat eingetragen. Der indische Rohrhersteller ist sich anscheinend nicht bewusst, dass er die Domain verlieren wird und hat sich nicht geäußert.

 

Der Panelist, der nach einem sehr kurzen und einseitigen Verfahren auf Cybersquatting durch Verwendung des Domainnamens geurteilt und die Abschaltung der indischen Domain verfügt hat, hat sich zwar an geltendes Recht gehalten, augenscheinlich aber wenig Sensitivität walten lassen. Virgin ist sicher ein Branchenbegriff. Das heißt aber noch lange nicht, dass er in einem Winkel Indiens und in einer – von Virgin weit entfernten Produktgruppe – bekannt sein muss. Die Bösgläubigkeit, Voraussetzung für ein Urteil zugunsten des Beschwerdeführers, schien dem Panelisten gegeben, denn er schreibt:“ Angesichts der Berühmtheit der Marke des Beschwerdeführers stellt das Gremium fest, dass die Beschwerdegegnerin den umstrittenen Domainnamen registriert und verwendet hat, um Internetbenutzer auf ihre Website für kommerziellen Gewinn zu locken, indem sie eine Verwechslungsgefahr mit der Beschwerdeführerin hervorbringt…“.

 

Kaum jemand, der die Domain von Umiya Poly Plast Industries besucht, wird wissentlich und bewusst eine Verbindung zu Virgin Enterprises und Richard Branson herstellen. Hat also der bekannte Name gegen das kleine Unternehmen aus dem Ausland gewonnen, ohne dass die Fakten eingehender geprüft wurden. Das wäre nicht gut, denn von der WIPO wird ein unabhängiges Urteil erwartet.

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