KI-Regulierungsgesetz: Europa als Tech-Festung oder Tech-Wüste?

19. Juni 2023 | Von | Kategorie: Domain News, Domain Smalltalk

Es mag eine provokante Frage sein: macht der Regulierungswahn Europa zur Tech-Wüste aus der keine Innovationen kommen oder werden dadurch die Bürger , Organisationen und Behörden besser und vor allem wirkungsvoll geschützt?

Derzeit stehen wir der KI ziemlich unvorbereitet gegenüber. Diese Technologie scheint uns zu überrollen und selbst diejenigen, die sie entwickelt haben, fordern strenge Regulierungen und warnen vor Programmen, wie ChatGPT. Zu groß sind die Möglichkeiten der Manipulation und des Missbrauchs. Helfen also Gesetze dagegen oder ist es bereits zu spät und KI bereits in unserem Leben verwoben – ohne Regulierung?

Europas Parlament stimmt über AI Act ab

Das europäische Gesetz zu Regelung der KI wurde lange vorbereitet. Jetzt soll das Europaparlament über die Regularien, den sogenannten „AI Act“ abstimmen. Experten befürworten den Gesetzentwurf, befürchten aber, dass er nicht ausreicht.

Über das Gesetz wurden bereits Vorentscheidungen getroffen aber erst kurz vor der Abstimmung wurden Regeln für generative KI Systeme ( z.B. ChatGPT und GPT4) hinzugefügt. Also sind die neuen Details noch einmal zwischen Parlament, EU-Kommission und Rat zu verhandeln und es kann, darf und müsste noch einmal nachgebessert werden.

Die EU plant. Die KI Systeme, die in Europa eingesetzt werden, streng zu regulieren. Dabei ist es unerheblich, wo die Systeme entwickelt wurden, was auch die Global Player aus den USA uns Asien betrifft, die diesen neuen Multi-Milliarden-Markt derzeit dirigieren und beherrschen.

Das Problem: dieses AI Act, würde er in der Form bestehen bleiben, könnte die Macht der großen Tech Konzerne noch verstärken . Die Entwicklung wichtiger Systeme für Medizin oder Bildung in der EU könnte demgegenüber verzögert werden oder scheitern.

Zusätzlich sehen Experten in dem Entwurf keinen ausreichenden Schutz vor Missbrauch generativer KI und der massenhaften Erzeugung von Desinformation und Hassreden sowie für kriminelle Übergriffe.

Mindeststandards für verschiedene Entwicklungsebenen

Der Gesetzentwurf sieht drei Ebenen vor. In der ersten Ebene sind die Mindeststandards für alle Entwicklungen von generativer KI festgeschrieben. Das betrifft die sogenannten Basismodelle (foundation models), die die Grundlage für erweiterte Anwendung bilden. Dazu gehören Sprachmodelle und Bildgeneratoren.

Die zweite Ebene regelt den „Einbau“ von Basismodellen in Anwendungen mit hohem Risiko. Das betrifft u.a. Anwendungen in kritischer und wichtiger Infrastruktur, wie Krankenhäusern oder Leitsystemen.

Die dritte Ebene reguliert die Zusammenarbeit von Basis-Modell-Anbietern und Unternehmen, die diese Modelle verwenden. Laut Regularien müssten die Hersteller gezieltere Informationen zur Funktionsweise ihrer Anwendungen freigeben.

Das sind gute Ansätze, doch der Gesetzentwurf hat – in den Augen der Kritiker – eine große Schwachstelle.

Das Gesetz will alle Entwickler zur Einrichtung eines umfassenden Risikomanagements verpflichten. Dazu müssten alle Risiken des Basismodells für Gesundheit, Sicherheit, die Grundrechte, Umwelt, Rechtsstaatlichkeit sowie Demokratie bewertet werden. Zusätzlich müssen Systeme zur Überwachung des KI Modells sowie Maßnahmen zur Risikominimierung vorgelegt werden. Das ist für viele Entwickler zu teuer und nicht lösbar, das KI-Anwendungen gerade für solche Bereiche, wie Verwaltungen, Justiz, Personal und Gesundheitssektor eingesetzt werden sollen.

Es könnte eine Wettbewerbsverzerrung entstehen, bei der nur die Marktführenden ausreichend Geld haben, um diese Vorgaben zu lösen. Das hemmt die Entwicklung kleinerer Unternehmen und drängt deren Modelle ins Aus. Ein funktionierender Wettbewerb in der digitalen Wirtschaft der EU könnte zumindest erschwert, wenn nicht unmöglich werden. Es muss also dringend nachgebessert werden.

KI ist eine unglaubliche Chance für Innovationen, die das Leben unserer Gesellschaft nachhaltig verändern könnte – wenn sie in die richtigen Bahnen gelenkt und reglementiert wird. Das sollte die erste und wichtigste Aufgabe des EU-Parlaments sein und über allen wirtschaftlichen Interessen stehen. Doch auch der Fortschritt in Europa ist wichtig, ebenso die Sicherheit der Bevölkerung. Keine leichte Aufgabe, die sicher etwas mehr Zeit braucht. Zeit für Verbesserungen des AI Acts und keine vorschnellen Entscheidungen.

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