Österreich: Urteil zum Empfang „rechtlich relevanter“ Unterlagen

22. Mai 2019 | Von | Kategorie: Domain News, Domain Smalltalk

Wann gelten rechtlich relevante Unterlagen, die digital versendet werden, als empfangen? Mit dieser Frage hat sich der österreichische Oberste Gerichtshof ( OGH) in Wien beschäftigt.

Im vorliegenden Fall hatte ein Makler ausstehende Provisionen von Kunden eingeklagt. Im August 2016 hatte sich ein Ehepaar an den Kläger gewandt und um Unterlagen für ein Haus, das der Makler beworben hatte, gebeten. Diese Unterlage wurden – zusammen mit einem Maklervertrag und entsprechenden Belehrungen zum Rücktrittsrecht per Mail versandt, landeten aber beim potentiellen Kunden im Spam Ordner und wurden dort übersehen. Der Kunde bat erneut um die Unterlagen, die wieder im Spam Ordner landeten und dort ohne Ansicht gelöscht wurden.

Am 2. September 2016 fand ein persönliches Treffen zwischen Makler und Kunden statt, wo auch die versehentlich im Spam Ordner gelandeten Mails besprochen wurden. Zeitgleich wurde eine Hausbesichtigung durchgeführt, die zu einem Kaufvertrag am 16. September 2016 führte. Zeitgleich trat das Ehepaar vom Maklervertrag zurück und verweigerte die Provisionszahlung.

Der Makler klagte vor Gericht und bekam in erster und zweiter Instanz Recht, denn das österreichische Gesetz sagt „ …Verbraucher können außerhalb von Geschäftsräumlichkeiten geschlossene Verträge mit Unternehmern (so genannter Fernabsatz) binnen 14 Tagen ohne Angaben von Gründen kündigen (mit Ausnahmen, die hier keine Rolle spielen). Die Frist beginnt zu laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher über sein Rücktrittsrecht aufgeklärt hat.“ Diese Frist lief bereits ab August 2016 bei der Zustellung der ersten Mail.

Das Gericht sah es als unerheblich an, dass die Mails im Spam Ordner lagen. Der Kunde hatte die Unterlagen wie gewünscht erhalten und hätte sie jederzeit lesen können.

Oberster Gerichtshof bestätigt Urteile

Der Oberste Gerichtshof schloss sich den Einschätzungen der Richter aus der ersten und zweiten Instanz an. Das Urteil begründen die Richter folgendermaßen: „Allgemein reicht es aus, wenn eine Willenserklärung in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, selbst wenn sie dieser persönlich nicht erhalten hat; es genügt, dass der Adressat die Möglichkeit hatte, die Erklärung zur Kenntnis zu nehmen“. Wer angibt , per Mail erreichbar zu sein, muss auch den Spam Ordner überprüfen. Das gilt vor allem in Erwartung von rechtlich relevanten Unterlagen. Die Beklagten müssen die ausstehende Maklerprovision zahlen.

Schreibe einen Kommentar