top-of-software Abzocker vor Gericht

20. November 2014 | Von | Kategorie: Domain News, Domain Recht

Internet-Abzocke: Täter bekannt, Urteil noch nicht möglich

Über eine Million Internetnutzer wurden von dem Betrüger-Quartett auf falsche Domains gelockt und trotzdem kann das Landshuter Landgericht kein Urteil fällen … noch nicht.

Es ist, wie so oft in diesen Fällen, in denen es um kostenpflichtige Abofallen geht: Da werden User auf eine Landingpage gelockt, diese leitet dann in die Weiten der Domainwelt weiter und schon hat der User, meist ungewollt, ein kostenpflichtiges Abo am Hals.

Schnell ist dann auch ein eifriger Abmahnanwalt gefunden, der zur Kasse bittet und noch immer viel zu schnell sind die ahnungslosen Nutzer auch bereit, die angemahnten Beträge zu zahlen.

Sage und schreibe 3,5 Millionen kamen dabei auf dem Konto der hessischen Brüder, des slowakischen Strohmannes, der als Geschäftsführer fungierte und dem Abmahnanwalt dabei zusammen. 156 Millionen hätten es werden können, hätten alle Angemahnten gezahlt. Eine schier unglaubliche Summe.

Noch unglaublicher ist es aber, wie simpel offenbar die Abzocke war: Werbeanzeigen in diversen Suchmaschinen lockten die User auf die Domain top-software.de, wenn sie nach bekannten Freewareprogrammen wie beispielsweise Adobe Reader, Firefox oder Flash Player suchten. Über 100 verschiedene Versionen dieser Domain-Landing-Pages hat es offenbar gegeben. Diese boten den Usern dann einen Link zum Download der Freewareprogramme an, aber erst, nachdem der jeweilige User sich als Mitglied registriert hatte und genau hier ist die Abofalle zugeschnappt.

Mit keinem Wort wurde auf der Domainseite erwähnt, dass das Angebot kostenpflichtig sei. Es wurden nur die Vorteile aufgezählt, die der User als Mitglied genießt. Der User bekam im Anschluss eine Aktivierungsmail und auch diese enthielt keinen Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit, sondern nur auf das bestehende Widerrufsrecht. War die Widerrufsfrist abgelaufen, flatterte dem User die Rechnung für das erste Jahr ins Postfach. 28.500 der neuen „Mitglieder“ zahlten, obwohl sie nie vorhatten, einen kostenpflichtigen Vertrag oder gar ein Abo abzuschließen und so kam die hohe Gewinnsumme zustande.

Recht eindeutig mag man meinen, doch das Gericht sah dies anders und setzte den Prozess aufgrund von Nachermittlungsbedarf erst einmal aus.

Die Gründe:
Zum einen wies der Anwalt, der das Inkasso betrieben hat, jegliche Beihilfevorwürfe zurück. Er habe keinerlei Einfluss auf die fraglichen Domains genommen. Die hessischen Brüder und der Schein-Geschäftsführer hingegen führten an, dass sämtliche Landing-Domains von juristischen Spezialisten nicht nur geprüft, sondern auch freigegeben worden sein.

Zum anderen lagen bei Verhandlungsbeginn lediglich vier Dokumentationen der vorhandenen 100 DomainLandingPages vor. Hinzu kamen noch die zwei Festplatten mit einem Terabyte an Geschäftsverkehr, darunter E-Mail-Verkehr zwischen Rechtsberater und Firmeninhabern, der bisher nie ausgewertet worden war. Der Fall wurde als „nicht entscheidungsreif“ ausgesetzt.

Viel unglaublicher ist aber, dass es gleichlautende Fälle gegen das Quartett gibt, und zwar vor dem Landgericht Darmstadt. Hier heißen die fraglichen Internetdomains opendownload.de und softwaresammler.de. Die astronomische hohe Summe, um die es geht: zehn Millionen!

Da diese Fälle zeitlich vor dem Fall in Landshut angesiedelt sind, September 2008 bis Februar 2010, wird es vermutlich davon abhängen, wie die Staatsanwaltschaft hier entscheidet. Der Termin für das Verfahren in Darmstadt steht noch nicht fest und ist auch noch nicht in Aussicht. Es ist wohl davon auszugehen, dass die Landshuter Richter das Urteil im Darmstädter Prozess abwarten werden und dann ggf. mit dem eigenen Verfahren fortfahren.

Zwar liegen diese Fälle schon viele Jahre zurück und mittlerweile sind viele User aufmerksamer geworden, doch gilt nach wie vor der dringende Rat, sich an einen versierten Rechtsanwalt zu wenden, sollte doch einmal eine Mahnung aufgrund dubioser Abogebühren ins Haus flattern.

Autor Wolfgang Wild
Redaktion Domainsmalltalk

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